Erdgas- und Strompreis-Zusammensetzung – alle Bestandteile im Überblick

Seit dem Krieg in der Ukraine sind die Preise auf den Energie­märkten regel­recht explodiert. Trotz gesenkter Mehr­wert­steuer auf Gas, trotz Preis­bremsen für Strom und Gas müssen Haus­halte für das Jahr 2023 mit deutlich höheren Energie­kosten rechnen. Deren Höhe bestimmt jedoch nicht allein der Markt, auch der Staat hat seinen Anteil an den Kosten. Welche Bestand­teile beim Strom- und Gas­preis werden durch den Wett­bewerb gebildet und welche sind staatlich veranlasst? Dieser Frage gehen wir unter anderem nach.

Strompreis: Beschaffungs­kosten enorm gestiegen

2022 gab es einen Wende­punkt auf dem deutschen Strom­markt: Seit der Jahr­tausend­wende war die EEG-Umlage Bestand­teil unseres Strom­preises. Sie förderte den Ausbau von Solar-, Wind-, Bio­masse- und Wasser­kraft­werken – ehe sie zum 01.01.2022 auf 3,723 ct/kWh halbiert und dann zum 01.07.2022 vorzeitig ganz abgeschafft wurde, um die Bürger*innen in der Krise zu entlasten.

Der durch­schnittliche Strom­preis für Haus­halte erreichte nach aktuellen Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im ersten Halb­jahr 2022 die Rekord­höhe von 37,07 Cent je Kilo­watt­stunde (kWh) und kletterte im zweiten Halb­jahr auf 40,07 Cent je kWh. Der Grund: Die Beschaffungs­kosten im Groß­handel waren im vergangenen Jahr um rund 160 Prozent auf 20,64 ct/kWh gestiegen. Der Weg­fall der EEG-Umlage brachte den Verbraucher*innen eine Ersparnis von 3,723 ct/kWh, konnte aber den allgemeinen Preis­anstieg kaum abmildern.

Ein Strompreis – drei Bestandteile

Stromrechnung und Stromkabel

Damit sind wir beim Thema: Wie wird eigent­lich der Preis gebildet? Grob gesagt setzt sich der Strom­preis in Deutsch­land aus drei Teilen zusammen: den Kosten für Beschaffung und Vertrieb, den Netz­entgelten sowie Steuern, Abgaben und Umlagen. In den vergangenen Jahren machten die beiden letzten Bestand­teile mehr als die Hälfte des Strom­preises je Kilo­watt­stunde aus. Im Krisen­jahr 2022 jedoch hat sich die Gewichtung verschoben.

Abgaben und Umlagen: Diese Anteile bekommt der Staat

Strom wird in Deutsch­land besteuert – unter anderem mit der Strom­steuer. Die Mehr­wert­steuer ist natürlich auch zu zahlen. Hinzu kommen weitere Abgaben und Umlagen, vor allem für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die bekannteste, die EEG-Umlage, auch „Öko­strom­umlage“ genannt, wurde zum 1. Juli 2022 abgeschafft. Im zweiten Halbjahr sank der Anteil der Abgaben, Steuern und Umlagen am Haus­halts­strom­preis auch deshalb auf 28 Prozent. Im Jahr 2021 betrug dieser „Staats­anteil“ noch 51 Prozent.

Nach Aussage des BDEW brachte die Abschaffung der EEG-Umlage aus einem weiteren Grund kaum Entlastung für die Kund*innen: Auf die gestiegenen Strom­preise müssen diese weiterhin die volle Mehr­wert­steuer von 19 Prozent entrichten. Anders als beim Gas, auf das seit 1. Oktober 2022 nur noch 7 Prozent Mehr­wert­steuer fällig werden.

Abgaben, Umlagen, Aufschläge was steckt dahinter?

Konzessionsabgabe: erhalten Gemeinden als Gegen­leistung für die Nutzung öffentlicher Straßen und Wege zur Leitungs­verlegung, sie variiert nach Gemeinde­größe.
Offshore-Netzumlage: gleicht die Kosten und Einnahme­ausfälle für Offshore-Wind­park­betreiber zum Beispiel durch Netz­abschaltungen aus.
KWK-Aufschlag: fördert die gleichzeitige Strom- und Wärme­erzeugung mit Kraft-Wärme-Kopplung.
§19 Strom NEV-Umlage: geht an die Orts­netz­betreiber zum Ausgleich der Kosten und entgangenen Einnahmen durch geringere individuelle Netz­entgelte für strom­intensive Unternehmen.
Weitere Details zu den Strom­preis­bestand­teilen finden Sie hier.

Bundesadler

Reguliert: Strom-Netzentgelte

Netzbetreiber trans­portieren und verteilen Energie an die End­verbraucher*innen. Dafür erhalten sie die soge­nannten Netz­nutzungs­entgelte. Im zweiten Halb­jahr 2022 machte diese staatlich regulierte Vergütung laut BDEW rund 20 Prozent des durch­schnittlichen Strom­preises aus (2021: 24 Prozent). Unter Netz­entgelte fallen in dieser Rech­nung auch Kosten für Dienst­leistungen wie Strom-Messung, Mess­stellen­betrieb und Abrechnung.

Vom Markt bestimmt: Strom­beschaffung und Vertrieb

Strommast

Weitere Kosten entfallen beim Strom­preis auf die Beschaffung im Großhandel und den Vertrieb sowie Dienst­leistungs­entgelt etwa für Kunden­service und Personal. Nur diesen Anteil können Strom­anbieter beeinflussen, die anderen Preis­bestand­teile – sprich: Steuern, Abgaben, Netz­entgelte etc. – sind gesetzlich fest­gelegt oder reguliert.

Weil sich die Kosten des Strom­einkaufs 2022 so stark erhöhten, lag ihr prozentualer Preis­anteil im zweiten Halb­jahr bei 52 Prozent – gegenüber 25 Prozent im Jahr zuvor. Die Kosten der Beschaffung im Großhandel können Stromanbieter beim gegebenen Preisniveau nur sehr bedingt beeinflussen.

Was bedeutet Grund- und Arbeitspreis?

Auf der Strom- und Gas­rechnung, die Privat­haushalte erhalten, finden sich Grund­preis und Arbeits­preis. Den Grund­preis setzt der Strom­versorger als feste Kosten für die Abrechnung, Zähler­miete, Bereit­stellung der Energie etc. an. Die wichtigste Größe für die Höhe der Strom- oder Gas­rechnung ist in der Regel der Arbeits­preis: Dieser ist für den tat­sächlichen Verbrauch zu zahlen, er wird nach Kilo­watt­stunden (kWh) abgerechnet. Beim Gas wird zur Berechnung des tat­sächlichen Wärme­bezugs in kWh das am Zähler abgelesene Gas­volumen (m3) umge­rechnet und mit dem soge­nannten Abrechnungs­brenn­wert (Heizwert) multipliziert.

 

Zusammen­setzung Gas­preis: Das bezahlen private Haus­halte

Gasflamme

Ähnlich wie beim Strom gibt es auch beim Gas drei Kosten­faktoren. Auf einer durch­schnittlichen Monats­rechnung im Einfamilien­haus und einem Jahres­verbrauch von 20.000 kWh ergeben sich nach Berech­nungen des BDEW folgende Anteile:

  1. Gasbeschaffung und Vertrieb machten im 4. Quartal etwa 80 Prozent des Gas­preises aus (in den drei Quartalen zuvor waren es 66 Prozent). Als größter Kosten­treiber wirkten die massiv gestiegenen Beschaffungs­kosten im Groß­handel.
  2. Die Netzentgelte betrugen im Schnitt 8 Prozent (zuvor 11 Prozent). Aller­dings schwankt die Höhe des Netz­entgelts je nach Region, viel stärker als beim Strom­preis.
  3. Steuern und Abgaben lagen bei 12 Prozent (zuvor 23 Prozent). Zu diesem staat­lichen Anteil am Gas­preis gehört auch die 2021 eingeführte CO2-Steuer. Diese versieht den Aus­stoß klima­schädlicher Gase mit einem Preis­schild, um damit Anreize zum Energie­sparen bzw. für Investitionen in umwelt­freundliche Heizungen zu setzen. Für 2023 wurde die Erhöhung ausgesetzt, in den kommenden Jahren soll die Steuer von 30 Euro je Tonne CO2 (2023) auf 55 bis 65 Euro (2026) steigen.

Gaspreis: Das bezahlen private Haus­halte im Durch­schnitt je kWh

Gaszähler

Eine bittere Pille für alle Haus­halte, die mit Erdgas heizen: Der Krieg in der Ukraine ließ die Welt­markt­preise extrem steigen. Von gut 7 Cent je Kilo­watt­stunde 2021 verteuerte sich Erdgas für Haus­halte im vierten Quartal 2022 auf 20,04 Cent laut aktueller BDEW-Gaspreisanalyse bei einem mittleren Gas­verbrauch von 20.000 kWh im Jahr. Für Mehr­familien­häuser liegt der Gas­preis mit im Schnitt 19,81 ct/kWh kaum niedriger.

Gesunkene Gas­preise kommen verzögert an

An den Märkten, auf denen Gas­versorger ihr Erdgas einkaufen, lagen die Preise zum Teil beim Zehn­fachen und mehr gegenüber „normalen“ Zeiten. Die Beschaffung kostete im vierten Quartal 2022 fast fünf­mal so viel wie im Vorjahr.

Derzeit sinken die Einkaufs­preise zwar wieder, doch diese kommen erst mit zeitlicher Verzö­gerung bei den Verbraucher*innen an. Das liegt daran, dass Versorger ihr Gas in der Regel lang­fristig beschaffen, die meisten haben also die Mengen für das Jahr 2023 bereits komplett beschafft. Privat­haushalte und kleinere Unter­nehmen werden aber von der Gaspreisbremse 2023 profitieren, die am 1. März rück­wirkend zum 1. Januar eingeführt wird.

Was heißt eigentlich Grund- und Ersatzversorgung?

Verbraucher*innen können unter vielen Strom- und Gas­anbietern wählen. Normaler­weise funktioniert die Belieferung mit Energie gut. Doch einige Anbieter mussten angesichts der Marktl­age kapitulieren: Wenn sie nicht recht­zeitig und in ausreichender Menge Strom und Gas beschafft oder falsch kalkuliert hatten, konnten sie ihre Kund*innen nicht mehr beliefern. Vor allem dann nicht, wenn sie zuvor mit niedrigen Preisen geworben und womöglich Fest­preise versprochen hatten. Die „schwarzen Schafe“ unter diesen Anbietern ließen ihre Kund*innen einfach im Regen stehen.

In Deutsch­land gibt es zum Glück eine gesetzliche Regelung, damit niemand ganz ohne Versorgung dasteht. Fällt der Lieferant aus, greift die sogenannte Ersatz­versorgung des Grund­versorgers: Grund­versorger für eine bestimmte Netz­region ist, wer dort die meisten Kund*innen beliefert. Ein Auto­matismus ist dies jedoch nicht: Wer einen neuen Lieferanten und einen neuen Vertrag benötigte, weil der alte gegen­stands­los geworden war, musste bei seinem Grund­versorger in der Ersatz­versorgung vorüber­gehend ungünstige Konditionen in Kauf nehmen und deutlich mehr bezahlen. Die Ersatz­versorgung erfolgt über maximal drei Monate, bis Kund*innen einen neuen Lieferanten beauftragt haben. Weiter­führende Informationen zur Grund- und Ersatz­versorgung finden Sie hier.

Energiepreisbremsen der Bundesregierung

Für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs werden Bundes­bürger*innen vom Jahres­beginn 2023 an eine finanzielle Entlastung erhalten. Für Strom sollen sie nicht mehr als 40 Cent zahlen, für Gas 12 Cent je Kilo­watt­stunde. Mit der Auszahlung wird es aufgrund der komplizierten Durch­führung mindestens bis März 2023 dauern. Mehr Infos zu den Preis­bremsen finden Sie hier.

Am besten passt’s genau: der Abschlag

Wer selbst regelmäßig seinen Strom- und Gas-Abschlag checkt, kann sich vor hohen Nach­zahlungen auf der nächsten Energie­rechnung schützen. Wie Erenja Ihre Abschläge berechnet und Sie mit wenigen Klicks einen Abschlags­check machen können, erfahren Sie hier.

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