Langstrecken im E-Auto: So kommen Sie stressfrei ans Reiseziel

In die Toskana reisen oder in den Skandi­navien-Urlaub fahren – noch zweifeln viele, ob Lang­strecken im E-Auto funktionieren. Die Vorstellung, mitten im Nirgendwo mit fast leerem Akku und murrenden Kindern auf der Rück­bank liegenzubleiben, ist ja auch wirklich gruselig. Aber sind Reichweiten­angst und Ladesäulen-Stress heutzutage noch ein relevantes Thema? Geübte E-Mobilisten würden die Frage vermutlich verneinen. Für all die anderen, die noch unerfahren mit Lang­strecken im E-Auto sind, soll dieser Artikel eine Hilfe­stellung sein.

Wie kann ich mein E-Auto im Ausland laden?

Mehr als eine Millionen E-Autos fahren in Deutschland bereits – ein Zeichen, dass die Stromer in unserem Alltag angekommen sind. Doch wie praktisch sind batterie­elektrische Fahrzeuge, wenn Sie damit in den Urlaub reisen wollen und unterwegs mehrere Lade­stopps einlegen müssen? Die gute Nachricht: Mit guter Planung und den richtigen Apps sind Lang­strecken im E-Auto absolut machbar – auch ins Ausland. In Europa gibt es mittlerweile eine Million öffentliche und halböffentliche Lade­punkte. Wo sich die nächste freie Lade­station befindet, zeigt Ihnen das Navi oder eine App. Stecker und Lade­verfahren sind standardisiert. In vielen beliebten Urlaubsländern ist das Netz an Schnelllade­stationen entlang der Hauptreise­routen gut bis sehr gut ausgebaut, zum Beispiel in Dänemark, Norwegen, Schweden, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich, Frankreich oder Norditalien. In süd- und osteuro­päischen Ländern wie Griechenland, Polen oder Kroatien ist das Netz abseits der Auto­bahnen oft noch dünner. Hier sollten Sie Ihre Reise besonders gut planen und Puffer einbauen. Einen guten Überblick über die Ladeinfrastruktur einzelner europäischer Länder bietet der ADAC.

Unterkunft mit Lademöglichkeit buchen

Gerade in Ländern, in denen die Lade­infra­struktur noch nicht so gut ausgebaut ist, sollten Sie bei der Wahl Ihrer Unterkunft darauf achten, dass für Gäste eine Lade­möglichkeit vorhanden ist.

Kleineres E-Auto an einer Ladesäule

Immer mehr Hotelketten, aber auch kleinere Häuser bieten Lade­stationen oder Wall­boxen an, ebenso Ferienanlagen, Campingplätze und Eigentümer von Ferien­häusern. Bei einigen Buchungs­portalen können Sie gezielt nach Unterkünften mit Lade­möglichkeit suchen. Dazu müssen Sie unter Ausstattung einen Filter wie etwa „Lade­möglichkeit für E-Autos" auswählen. Noch besser ist, die Unterkunft direkt zu kontaktieren, um Details zu klären: Wie viele Lade­punkte gibt es? Welche Lade­leistung wird geboten? Sind die Stationen funktionsfähig? Welche Kosten fallen an? Und kann man eventuell sogar Lade­zeiten reservieren?

Schafft auch mein E-Auto Langstrecken?

Die Reichweite vieler E-Autos ist inzwischen auch für längere Reisen groß genug. Auf die vom Hersteller angegebene sogenannte WLTP-Reichweite sollten Sie sich jedoch nicht verlassen, denn in der Praxis kann die Reich­weite deutlich darunter liegen. Nehmen Sie statt­dessen die Erfahrungs­werte Ihrer letzten Fahrten. Mit diesem Tool des ADAC können Sie die Urlaubs­reichweite für Ihr E-Auto selbst berechnen. Einfach WLTP-Reichweite, geschätzte Außen­temperatur und favorisierte Reise­geschwindigkeit eingeben und Sie erhalten einen Wert, der annähernd der Realität entspricht. Vor der Abreise ist es ratsam, den Akku nicht nur auf die empfohlenen 80 Prozent, sondern auf 100 Prozent aufzuladen. Das schadet ihm nicht, da er sich auf der Fahrt wieder entlädt.

Urlaub mit E-Auto: Welche Modelle sind langstreckentauglich?

Der ADAC stellt regelmäßig neue E-Fahrzeuge in puncto Reichweite und Strom­verbrauch auf den Prüfstand. Als „voll langstrecken­tauglich“ stuft der Verkehrs­club nur die Modelle ein, die mit einem Rest-Akkustand von 10 Prozent mit einem 20-minütige Ladestopp am Schnell­lader eine Gesamt­reichweite von mehr als 750 Kilometer schafften. Dies gelang im ADAC-Test bislang 13 Elektroautos. Genauso viele Stromer wurden mit einer Reichweite von unter 400 Kilometern bei einer Ladepause als „kaum langstrecken­tauglich“ eingestuft.

Die Ladegeschwindigkeit entscheidet die Planung!

Haben Sie ein E-Auto mit langsamerer Ladetechnik? Dann ist ein „Plan B“ eine gute Sache. Experten empfehlen, bis zum nächsten Lades­topp immer eine Batterie­reserve von 80 bis 100 km oder 10 bis 20 Prozent einzu­planen. Dann haben Sie im Notfall Spiel­raum für Alternativen.

E-Ladestation auf einer Autobahnraststätte, die man im Hintergrund erkennt.

Wer kein reichweiten­starkes Auto besitzt, der muss auf der Fahrt an den Ferienort alle 250 bis 300 Kilometer eine Pause einplanen. Entscheidend ist dann die Lade­geschwindigkeit. Moderne E-Fahrzeuge mit hoher Ladeleistung können in 20 bis 30 Minuten genug Strom für die nächste Etappe „tanken“. Das gleicht die geringere Reich­weite aus. Auf Lang­strecken fallen die Ladepausen gar nicht so sehr ins Gewicht. Man nutzt die Zeit, um sich frisch zu machen, zu stärken oder die Beine zu vertreten. Zudem erhöhen Pausen die Sicherheit. Unser Tipp: Steuern Sie immer Lade­standorte mit möglichst vielen Ladepunkten an. Denn wenn Sie in der Hauptreise­saison und tagsüber unterwegs sind, werden Sie sicher nicht der Einzige sein, der hier gerade laden will. Auch in touristischen Hochburgen kann es zur Hauptsaison an beliebten Lade­punkten zu Warte­zeiten kommen.

E-Roaming in Europas Ladenetz

Nicht alles auf eine Karte setzen

Nicht immer klappt das Laden mit der einen mitgeführten App oder Karte, dann ist es gut, Alternativen zu haben. Auch die Anmeldung bei einem ausländischen Anbieter noch von zu Hause kann sinn­voll sein, vor allem mit Blick auf Preise. Zwar sind spontane Ladungen ohne Vertrag möglich, meist aber teurer. Bezahlt wird beim sogenannten „Ad hoc“-Laden mit EC- oder Kreditkarte, an neueren Lade­säulen auch mit Online-Bezahl­diensten wie Google Pay, Apple Pay oder PayPal. Bar­zahlungen sind oft nicht möglich.

Frau bezahlt mit Karte an E-Ladesäule

Mit dem E-Auto zu verreisen, ist nicht nur umwelt­freundlicher, sondern bei guter Planung auch günstiger. Denn für das Laden an öffentlichen Lade­stationen zahlen Sie in der Regel weniger als für den Sprit an der Tankstelle. Haben Sie zu Hause mit einem Strom­anbieter einen günstigen Ladevertrag abgeschlossen? Dann können Sie eine Menge Geld sparen – im Ausland sind Sie allerdings auf „E-Roaming“ angewiesen. Deshalb sollten Sie sich informieren, ob ihre Ladekarte oder App auch bei Roaming-Partnern im Urlaubs­land funktioniert.

Mit E-Roaming haben Sie Zugang zu Lade­stationen auch außerhalb Ihres eigenen Ladenetzes, unabhängig von Ihrem individuellen Vertrag oder Anbieter. Zu den großen E-Mobility-Providern in Deutschland zählen beispielsweise EnBW mobility+, EWE Go, Lidl Plus, MAINGAU Autostrom. Als deren Kunde können Sie europaweit an den Lade­stationen der Roaming-Netzwerk­partner laden und bezahlen – ohne monatliche Grund­gebühren und feste Vertrags­laufzeiten. Oder Sie melden sich bei virtuellen Lade­verbünden wie Next Plug, Charge Now und Plugsurfing oder Cariqa an. Die meisten Roaming-Lade­netzwerke bieten eine App an, mit der Sie auch den Lade­vorgang starten und beenden, verfügbare Lade­stationen finden und Zahlungs­möglichkeiten hinzufügen können.

Urlaub mit dem E-Auto: Obacht vor Kostenfallen

An öffentlichen Strom­tankstellen gibt es unter­schiedliche Bezahl­modelle: Mal wird pro Kilowatt­stunde abgerechnet, mal nach Nutzungs­zeit. Für E-Mobilisten mit geringer Lade­leistung ist letzteres Modell von Nachteil. Um Ihre Urlaubs­kasse zu schonen, sollten Sie solche Ladestationen besser meiden. Manche Lade­säulen-Betreiber berechnen die Stand­zeit an der Säule über den Ladevorgang hinaus nach Minuten. Mit der „Blocker-Gebühr“ soll verhindert werden, dass an Lade­punkten länger als nötig geparkt wird.

Hin und wieder findet man abseits der Route noch kosten­lose Ladesäulen, etwa auf Supermarkt­parkplätzen. Einige wenige Ladeparks bieten den Strom an Schnell­lade­stationen auch zum aktuellen Börsen­preis (Day-Ahead-Preis) oder einer Kombination aus Börsen­preis und eigener PV-Erzeugung an. Damit kann man zwar bei einem Lade­vorgang durchaus zwei­stellig sparen, aber auch eine Menge Zeit verschenken, um einen guten Preis zu finden.  

 

Route planen: Beste Apps für E-Ladestationen

Ist Ihr E-Auto schnell­ladefähig, dann konzentrieren Sie sich entlang der Route am besten ganz auf Schnell­ladestationen. Zusätzlich können Sie Lade­stopps mit Services wie Restaurants, Outlet-Centern und Sehens­würdigkeiten heraus­filtern. Die Funktionalität der Apps ist unterschiedlich, deshalb lohnt sich ein Vergleich.

Blick auf Handy mit Routenplaner, das in einem Halter neben dem Lenkrad steckt

Mit dem E-Auto können Sie nicht einfach spontan jede Raststätte zum Laden anfahren, deshalb sollten Sie Ihre Reise gut vorbereiten. Um die optimale Reise­route zu finden, sind GPS-basierte Handy-Apps wie Next Plug, Electromaps, Chargemap, A better Route­planner oder Charge now neben dem Navigations­system an Bord unver­zichtbar. Man registriert sich dort, gibt das Reiseziel, den Fahrzeug­typ, die Reichweite oder den Verbrauch sowie den gewünschten E-Mobility-Provider ein und erhält einen kompletten Routen­plan mit Lade- und Maut-Gebühren­stopps sowie der Reise­dauer. Bei manchen Anbietern können Sie auch den gewünschten Mindest-Akku­füllstand an den Lade­stopps und am Ziel festlegen, um für den Notfall noch Rest­reichweite zu haben. Unterwegs zeigen die Apps in Echtzeit auch die Verfügbarkeit der Lade­säulen an, und was der Auto­strom dort kostet. Das können die meisten eingebauten Bord-Navigations­systeme nicht.

Darum lohnt es sich, zu entschleunigen

Genau wie beim Verbrenner steigt auch beim E-Antrieb der Verbrauch mit der Geschwindig­keit überproportional an. Fahren Sie schneller, müssen Sie auf der gleichen Distanz mehr Ladezeit ein­kalkulieren. Mit anderen Worten: Jede eingesparte Minute, wird einem an der Lade­säule wieder genommen. Die optimale Reise­geschwindigkeit im E-Auto liegt je nach Fahrzeug­modell zwischen 120 km/h und 150 km/h. Im Ausland kommen Sie damit wegen des Tempo­limits von 120 km/h oder 130 km/h sicher und entspannt ans Ziel. Schneller zu fahren, lohnt sich nur dann, wenn man das Reise­ziel auch mit höherem Verbrauch erreichen wird und man am Ziel sowieso aufladen kann.

E-Auto: Entspannter reisen mit Kindern

Unser Tipp: Gestalten Sie die Pause für Ihre Mitreisenden möglichst angenehm, besonders wenn Kinder dabei sind. Deshalb sollten Sie auch genügend Spielzeug für die Kleinen mitnehmen. Denn selbst an Schnell­ladestationen werden Sie je nach Fahrzeug und Lade­leistung 20 bis 45 Minuten zum Laden benötigen.

Junge schaukelt auf Spielplatz

Wegen der regelmäßigen Pausen sind Urlaubsfahrten mit dem E-Auto für Eltern und Kinder erfahrungsgemäß entspannter. Ob Sie eine Mittags­pause auf einer Rast­anlage mit Spielplatz einlegen oder auf einem nicht bewirtschafteten Autobahn­rastplatz picknicken, ist Geschmacks­sache. Manchmal lohnt es sich, von der Autobahn abzufahren und an einer Station zu laden, von der Sie fußläufig eine Fußgänger­zone oder Sehens­würdigkeiten erkunden können. Überzeugte Slow-Traveller planen von Anfang an eine Übernachtung in einer schönen Stadt an ihrer Reiseroute oder bei Freunden ein. Bei dieser Gelegenheit wird das Auto für drei, vier Stunden auf einem E-Lade­parkplatz abgestellt oder am Hotel über Nacht geladen. Frei nach dem E-Mobilisten-Motto: Steht er, dann lädt er.

Kann ein Wohnwagen ans E-Auto?

Der ADAC-Test zeigt: Zuladungen hatten einen eher geringen Einfluss auf die Reichweite. Der Mehrverbrauch zwischen unbeladen (nur Fahrer) und voll beladen (plus 280 Kilo) betrug gerade einmal sechs Prozent. Aber auch die wirken sich natürlich auf die Reichweite aus. Je weniger unnötigen Ballast Sie mit in den E-Urlaub schleppen, desto besser.

Weißes Auto mit Fahrradträger auf der Autobahn von hinten

Ja, das geht. Allerdings erfordern mehr Gewicht und ein höherer Luftwiderstand auch mehr Energieaufwand für den Antrieb. Das bedeutet: Sie müssen auf der Langstrecke mehr Lade­stopps einlegen, um ans Ziel zu kommen. Der ADAC hat in verschiedene Szenarien den Einfluss von Anhängern, Fahrradträgern etc. auf den Verbrauch und damit die Reich­weite gemessen. Wenig überraschend: Mit einem großen Wohn­anhänger verdoppelte sich der Verbrauch bei Tempo 100 km/h. Werden zwei Fahrräder auf dem Dach statt am Heck transportiert, erhöht sich der Verbrauch um 25 Prozent.

Wie sollte man sich auf den Urlaub mit E-Auto vorbereiten?

Reichweitenangst und Ladesäulenstress müssen nicht sein. Für einen entspannten Urlaub mit dem E-Auto hier ein paar zusammengefasste Tipps:

  1. Klären Sie vor Buchung Ihrer Unterkunft die Lademöglichkeiten vor Ort.
  2. Prüfen Sie, ob Ihre Apps und Ladekarten im Zielland funktionieren, installieren Sie ggf. weitere Apps und Zahlungsmittel.
  3. Verlassen Sie sich bei der Planung der Ladestopps nicht auf die WLTP-Reichweite des Herstellers, sondern nehmen Sie Ihre Erfahrungswerte.
  4. Mit Wohnwagen, Fahrradträgern etc. und hohem Tempo auf der Autobahn sinkt die Reichweite.
  5. Wählen Sie Sie für Ladestopps Raststätten mit möglichst vielen Ladepunkten aus.
  6. Bis zum nächsten Ladestopp immer eine Rest-Akkukapazität einplanen: 20 Prozent Füllstand sind ein guter Richtwert.
  7. Behalten Sie den Bordcomputer im Auge und beachten Sie die Warnhinweise — dann kann eigentlich nichts passieren.
Mutter, Vater Tochter von hinten als Silhouette am roten Abendhimmel beim Sonnenuntergang

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