Ohne erneuerbare Energien kein Klimaschutz
Windkraftanlagen werden künftig einen viel größeren Beitrag zur Energieversorgung in Deutschland leisten müssen, daran besteht kein Zweifel. Doch seit Jahren stockt der Zubau neuer Anlagen, nicht zuletzt aufgrund des großen Widerstands aus der Bevölkerung und der regionalen Politik. Statt vom Garten den Ausblick in die Natur zu genießen, versperren die „Spargel“, also die Windräder, die Aussicht. Sie verschandeln die Landschaft, töten Vögel, werfen lästige Schatten, und ihr Infraschall macht krank. Das sind die gängigen Argumente, die Gegner*innen der Windkraft in Diskussionen hervorbringen.
Ein wenig verstehen kann man sie ja schon. Anfänglich waren Windkraftanlagen nur etwa 40 Meter hoch. Inzwischen sind es mehr als 200 Meter. Wie gern hätten Sie einen solchen Riesen vor der Nase? Doch wenn alle so denken, wird das nichts mit dem baldigen Ausstieg aus den fossilen Energien und folglich mit den Klimazielen. Statt uns von den eigenen unguten Gefühlen leiten zu lassen, schauen wir einmal auf die Fakten. Sind Windkraftanlagen tatsächlich eine Gefahr für Natur und Gesundheit? Halten die Argumente der Windkraftgegner*innen bei genauerer Prüfung alle stand?
Schattenwurf beim Windrad stört die Anwohner
Damit Windräder grünen Strom erzeugen können, müssen die Rotoren sich drehen. Und natürlich entsteht dabei ein Schattenwurf, der allerdings von Faktoren wie Wetter, Windrichtung und Sonnenstand abhängt. Trifft der Schlagschatten auf das Fenster eines Wohnhauses, kann das durchaus irritierend sein. Genau deshalb unterliegt der Schattenwurf der Rotorblätter strengen Immissionsschutzregeln. So muss zum Beispiel eine Windkraftanlage vorübergehend abgeschaltet werden, wenn ihr Schlagschatten länger als 30 Stunden pro Jahr beziehungsweise 30 Minuten am Tag auf ein Wohnhaus fällt. So soll niemand übermäßig lange durch den Schattenwurf beeinträchtigt werden und gleichzeitig können die Windkraftanlagen einen Beitrag zur Energieversorgung leisten.
Warnlichter in Windparks – wie sehr belästigen sie die Anwohner*innen?
Ob in einem Windpark oder einzeln: Windräder ab 100 Meter Gesamthöhe müssen nachts durch Lichtsignale auf sich aufmerksam machen. Das ist für die Flugsicherung in Deutschland so vorgeschrieben. Viele Menschen in der näheren Umgebung empfinden das Blinken als störend. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert: Seit Ende 2022 müssen alte und neue Windräder mit speziellen Lichtern ausgestattet werden. Sie dürfen nur aufleuchten, wenn sich ein Flugobjekt nähert. Die neue Technik soll die Lichtaktivität um rund 90 Prozent senken.
Gesundheitsrisiko Windenergie: Was ist dran an der Infraschall-Theorie?
Infraschall ist ein Schall mit sehr niedrigen Frequenzen unterhalb von 20 Hertz. Sein Einsatz ist in Deutschland im Rahmen der Lärmschutzverordnung geregelt. Sie gibt vor, welche Lärmbelastung in Wohnumgebungen erlaubt ist. Die Infraschall-Emissionen von Windrädern liegen deutlich unter der Grenze dessen, was Menschen wahrnehmen können und werden meist von anderen Geräuschen wie Wind übertönt. Trotzdem hält sich hartnäckig der Glaube: Durch Windenergie erzeugter Infraschall könne krank machen. Mehrere Studien haben das inzwischen widerlegt.
Wie stark gefährden Windparks und Windräder die Vogelwelt?
Jedes Jahr kollidieren in Deutschland zwischen 10.000 und 100.000 Vögel mit Windrädern. Das entspricht bei bundesweit rund 28.000 Windrädern an Land einer Quote von unter einem Vogel bis etwa vier Vögeln pro Anlage und Jahr. Zum Vergleich: 100 bis 115 Millionen Vögel sterben jährlich an den Fensterscheiben von Gebäuden, etwa 70 Millionen durch Straßen- und Bahnverkehr und 20 bis 100 Millionen durch Hauskatzen.
Doch obwohl andere Faktoren für die meisten Vögel weitaus gefährlicher sind, geraten sie eben auch in die Rotoren von Windkraftanlagen oder fliegen gegen den Betonmast. Bei der Planung der Windräder wird daher ein Mindestabstand zu Nistplätzen besonders gefährdeter Arten empfohlen. Gutachter prüfen das. Außerdem sollen Windräder möglichst nicht die Flugroute der Vögel behindern. Experten arbeiten an Systemen, die das Windrad abschalten, sobald Vögel sich nähern. Auch Farben können helfen: Bei manchen Anlagen ist der Mast grün oder braun eingefärbt, sodass die Tiere ihn besser erkennen.
Windenergie im Winter: Lässt Eis das Windrad stillstehen?
Im Winter sieht man einzelne Windräder zeitweise stillstehen. Der Grund: Ihre Rotorblätter vereisen. Auswirkungen auf die Stromversorgung in Deutschland hat das aber nicht. Vereiste Windräder werden im Übrigen automatisch abgeschaltet. Das soll verhindern, dass Eis herabfällt und Menschen gefährdet. Achten Sie bei Winterspaziergängen in der Nähe von Windrädern deshalb auf entsprechende Warnschilder.
Energetische Kosten für ein Windrad sind schnell wieder drin
Für die Windkraft spricht nicht zuletzt ihre Ökobilanz. Eine Windturbine an Land hat sich nach drei bis sieben Monaten energetisch amortisiert. Heißt: Dann hat sie bereits so viel Energie geliefert, wie für ihre Herstellung, ihren Betrieb und ihre Entsorgung notwendig sind. Und auch die schwere Energiekrise, die wir infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gerade erleben, führt uns vor Augen: Jede Kilowattstunde Strom, die wir aus Wind, Sonne oder Biomasse erzeugen, ist nicht nur ein Gewinn fürs Klima, sondern sie macht uns auch unabhängiger von Energieimporten aus autokratischen Staaten.
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